Abwasser
Täglich nutzen wir Wasser auf vielfältige Weise: Zum Kochen, Putzen, Wäsche waschen, für die Toilettenspülung oder zum Gießen im Garten. Auch bei der Herstellung fast aller Produkte, die wir kaufen, wird Wasser verbraucht. Zwar können wir Wasser nicht aufbrauchen, es bleibt im ewigen Kreislauf erhalten. Doch das Wasser, das wir verbrauchen, fließt mehr oder weniger stark verschmutzt in die Kanalisation: Es ist zum Abwasser geworden.
Jeder von uns verwandelt im Durchschnitt 50 m3 Trinkwasser pro Jahr in Abwasser. Gemeinsam mit Gewerbe und Industrie produzieren die Einwohner Bayerns jährlich etwa 1,6 Milliarden m3 Abwasser - eine Menge, die dem Chiemsee entspricht. Diese riesige Menge will gereinigt sein, bevor wir sie dem natürlichen Wasserkreislauf zurückgeben.
Unsere Gewässer werden durch so genannte punktuelle und diffuse Schadstoffeinträge belastet.
Die wichtigsten punktuellen Belastungen sind Abwassereinleitungen.
Je nach Herkunft unterscheidet sich Abwasser:
- Häusliches Abwasser
- Industrielles und gewerbliches Abwasser
- Niederschlagswasser
Abwasser ist belastet durch:
- Leicht abbaubare, organische Inhaltsstoffe und Nährstoffe (z.B. Abwasser der Haushalte, Lebensmittelindustrie)
- Schwer abbaubare, organische Inhaltsstoffe (z.B. im Abwasser der Chemischen Industrie, Pharmaindustrie)
- Schwermetalle (z.B. im Abwasser der Metall verarbeitenden Industrie)
- Organische Halogenverbindungen (z.B. chlorierte Substanzen im Abwasser der Chemischen Reinigungen)
- Mineralöle und Fette (z.B. Abwasser der Kfz-Betriebe)
- Temperaturerhöhung (z.B. Kühlwasser der Kraftwerke)
Das häusliche Abwasser besteht im Wesentlichen aus Toilettenwasser sowie Küchen- und Putzwasser mit Bakterien, Viren, Wasch- und Reinigungsmitteln einschließlich Schmutz- und Lebensmittelresten. Dazu kommt das Abwasser von Gewerbebetrieben.
Alle natürlichen organischen Verbindungen - Proteine, Fette und Zucker sowie umweltverträgliche Wasch- und Reinigungsmittel - können in biologischen Kläranlagen von Mikroorganismen relativ leicht und nahezu vollständig abgebaut werden. Auch die Konzentration der Nährstoffe Stickstoff und Phosphor im Abwasser kann mit Hilfe von speziellen Bakterien weitgehend verringert werden. Das geschieht bei der weitergehenden biologischen Abwasserreinigung. Andere Stoffe wie Medikamente, Koffein oder Zinkverbindungen aus Babycremes passieren jedoch die Kläranlage oder setzen sich im Klärschlamm ab.
Die Abwässer aus Gewerbebetrieben und der Industrie können leicht abbaubare organische Verbindungen sowie manchmal auch schwer abbaubare Stoffe wie halogenierte organische Verbindungen oder Schwermetalle enthalten.
Man unterscheidet zwischen indirekteinleitenden Betrieben, die ihre meist vorgereinigten Abwässer den kommunalen Kläranlagen zuführen, sowie den direkt einleitenden Betrieben, über deren betriebseigene Kläranlagen jährlich weitere rund 1 Milliarde m3 gereinigtes Abwasser in die bayerischen Gewässer eigeleitet werden. Bei Industrie- und Gewerbebetrieben werden häufig ganz spezielle Verfahren zur Behandlung des Abwassers eingesetzt. Einen Sonderfall stellt die thermische Belastung der Gewässer durch Kühlwassereinleitungen dar.
Niederschlagswasser gelangt in bebauten Gebieten von den Dächern, Gehwegen, Straßen und anderen befestigten Flächen in die Kanalisation bzw. wird zunehmend vor Ort wieder versickert. Die Ableitung erfolgt entweder in Mischkanalisation oder Trennkanalisation.
Abwasserentsorgung in Ostoberfranken
Die Anschlussgrade der Bürger an kommunale Abwasserbehandlungsanlagen liegen mit über 98,5% in den Städten Bayreuth, Hof, Kulmbach, Marktredwitz und Wunsiedel am höchsten. In den Landkreisen liegt der durchschnittliche Anschlussgrad an zentrale Anlagen bei 93 %.
Die 128 Kläranlagen in unserem Amtsbereich haben zusammen eine Behandlungskapazität für 1,45 Mio Einwohnerwerte (diese Kennzahl berücksichtigt sowohl Einwohner als auch Anteile aus Gewerbe und Industrie). Allerdings decken die Kläranlagen in Bayreuth, Hof und Kulmbach mit jeweils rund 300.000 Einwohnerwerten den größten Anteil davon ab. Dort werden zentrale Großkläranlagen mit modernster Technologie und fachlich hochqualifiziertem Personal betrieben.
Die ländlichen Anlagen sind meist viel kleiner. So sind 98 von 128 Kläranlagen in unserem Amtsbezirk auf unter 5.000 Einwohnerwerte ausgelegt. Die kleinste kommunale Abwasserbehandlungsanlage ist auf 52 Einwohnerwerte bemessen.
Zusätzliche Reinigungsanforderungen im Karstgebiet
Die Fränkische Schweiz ist ein sensibles Gebiet, da über Karsthöhlen und durchlässige Gesteine die Gefahr besteht, schädliche Stoffe und Keime in das Grundwasser einzutragen. Deshalb sind Kläranlagen, egal ob große kommunale oder kleine private, hier besonders sorgsam zu planen und zu betreiben. Gleiches gilt für die Niederschlagswasserbeseitigung.
Vollständige Abwasserfernhaltung aus Gewässern mit Flussperlmuschel
Ein besonderer Schutzbedarf besteht im Dreiländereck Bayern-Böhmen-Sachsen für die noch bestehenden Flussperlmuschelbestände. Das Abwasser der Siedlungen wird fast vollständig aus dem sensiblen Gebiet herausgeleitet. Für den erhöhten Aufwand haben der Freistaat Bayern, die Europäische Union und die Kommunen auch umfangreiche finanzielle Mittel bereitgestellt.
Bauen auf dem Land
Die ordnungsgemäße Beseitigung des Abwassers ist eine der elementaren Voraussetzungen für die Erteilung einer Baugenehmigung. In öffentlich erschlossenen Baugebieten wird dies in der Regel durch Anschluss an die vorhandenen kommunalen Abwasseranlagen sichergestellt. Stehen solche Einrichtungen nicht zur Verfügung, z. B. in Streusiedlungen oder bei abgelegenen Einzelanwesen, muss der Bauherr eines Wohnhauses die zur Abwasserableitung und -behandlung notwendigen Anlagen in eigener Verantwortung planen, bauen und betreiben. Die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen muss er selbst tragen.
Die Entscheidung, ob die Abwasserbeseitigung in einer Ortschaft öffentlich oder privat erfolgt, trifft die Gemeinde im Rahmen ihrer kommunalen Satzungshoheit. Hier sind jedoch eine Reihe gesetzlicher Vorgaben und sowohl technische als auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu beachten.
Für den ländlichen Raum haben Kommunen, Kreisverwaltungsbehörden und Wasserwirtschaftsämter „bezeichnete Gebiete“ ausgewiesen, für die folgende Anforderungen hinsichtlich der Abwasserbeseitigung gelten:
Gebietsklasse I:
Gebiete, in denen das Abwasser bereits zentral entsorgt wird.
Gebietsklasse II:
Gebiete, in denen das Abwasser kurzfristig (ca. 5 Jahre) zentral entsorgt werden wird und übergangsweise eine Einleitung des gereinigten Abwassers in den Untergrund oder in ein oberirdisches Gewässer in Betracht kommt ("kurzfristige Übergangslösung").
Gebietsklasse III:
Gebiete, in denen damit zu rechnen ist, dass die Gemeinde längerfristig (mehr als 5 Jahre) die notwendigen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße zentrale Entsorgung nicht schaffen wird und eine Einleitung von mechanisch-biologisch gereinigtem Abwasser entweder in den Untergrund oder in ein oberirdisches Gewässer in Betracht kommt ("längerfristige Lösung").
Gebietsklasse IV:
Alle sonstigen Gebiete, bei denen Bauvorhaben mit Kleinkläranlagen als Einzelfall unzulässig sind oder im Einzelfall weiterhin dem Wasserwirtschaftsamt vorgelegt werden müssen.
Den aktuellen Sachstand der Gebietsklassen-Einteilung erfahren Interessenten bei der unteren Wasserbehörde ihres zuständigen Landratsamtes bzw. ihrer kreisfreien Stadt.
Weiterführende Informationen
- Bayerisches Landesamt für Umwelt: Kampagne Schau# auf die Rohre
- Bayerische Staatsregierung: Broschüre Abwasserentsorgung in Bayern
- Bayerisches Landesamt für Umwelt: Grundsätze und gesetzliche Anforderungen der Abwasserentsorgung
- Bayerisches Landesamt für Umwelt: Abwassersammlung
- Bayerisches Landesamt für Umwelt: Abwasserbehandlung
- Bayerisches Landesamt für Umwelt: Abwasserentsorgung von Einzelanwesen
- Bayerisches Landesamt für Umwelt: Niederschlagswasser
- Bayerisches Landesamt für Umwelt: Überwachung von Abwasseranlagen/ Datengewinnung
- Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz: Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben