Ökologische Maßnahmen in Stadt und Landkreis Bayreuth
Im letzten Jahrhundert wurden Gewässer im Raum Bayreuth oft begradigt und ausgebaut. Damit sollte der Wasserabfluss verbessert werden, die Talauen konnte man so besser landwirtschaftlich oder auch für Siedlungstätigkeit nutzen. Die ausgebauten Gewässer waren oft geradlinig und funktional. Der Erhalt der ökologischen Vielfalt trat dabei in den Hintergrund.
Das gestiegene ökologische Bewusstsein unserer Gesellschaft hat dazu geführt, dass für unsere Gewässer ein guter ökologischer Zustand erreicht werden soll. Folgende größere Maßnahmen in Stadt und Landkreis Bayreuth haben dazu beigetragen, das Ökosystem Gewässer ein Stück weit zu verbessern.
Der Rote Main zur Landesgartenschau – Sinfonie des Wassers
"Vivace ma non troppo" – so wäre die Wassermusik zu beschreiben, die der Rote Main in dem 1,4 km langen renaturierten Abschnitt zur Landesgartenschau 2016 beitrug. "Lebhaft, aber nicht zu sehr" bewegt sich der Fluss nun wieder in seiner Aue. Die von 2013-2015 vom Wasserwirtschaftsamt Hof betreute Umgestaltung wird im Film vorgestellt.
Ökologischer Ausbau des Roten Mains
Film Roter Main (erstellt von TMT GmbH & Co. KG, 95448 Bayreuth)
Elemente der Wassermusik
Der Freistaat Bayern trug zur Landesgartenschau 2016 eine echte Wassermusik bei. Der Rote Main plätschert und rauscht wieder durch die Aue!
Das Wasserwirtschaftsamt Hof "komponierte" mit folgenden Elementen:
- Ufergestaltung
- Kieseinbringung
- Gestaltung mit Totholz
- Laufverländerung
- Gewässerdurchgängigkeit
Die Abflachung der Ufer führt zu deutlichen Aufweitungen im Fließverlauf. An anderer Stelle konnte ein Steilufer geschaffen werden.
Der Fluss erhält Geschiebematerial, dessen Lückensystem wichtig für Kleinlebewesen und kieslaichende Fischarten ist. Kiesufer sind z. B. auch Lebensraum des Flussregenpfeifers.
Der Strömungslenkung dienen Wurzelstöcke und Baumstämme. Sie schaffen wechselnde Strömungsverhältnisse sowie Flach¬ und Stillwasserbereiche. Fische finden hier Unterschlupf und neuen Lebensraum. Auch mit Steinbuhnen lässt sich in beengten Bereichen Schwung in die Strömung bringen.
Vier neue Flussschleifen (Mäander) sorgen für eine Verlängerung der Fließstrecke um 400 m. Das verbessert die Abflussdynamik und erweitert den Gewässerlebensraum.
Ein natürlich gestalteter Bach, der die Stauanlage Hölzleinsmühle umgeht, stellt die Durchgängigkeit für Fische und andere wandernde Gewässerorganismen her.
Direkt im Flussbett des Roten Mains sorgen zwei Sohlrampen für die Durchgängigkeit. Eine davon ist in die Stauanlage integriert. Zahlreiche Pflanzen- und Tierarten im und am Gewässer haben diese Lebensräume schon erobert.
Die "Wilhelminenaue" bleibt nach der Gartenschau ein vielfältiger Erholungs- und Naturraum. Der Wasserspielplatz, Gewässerzugänge sowie Fuß- und Radwege laden weiterhin zum "Wasser erleben" ein.
Dank der Weitläufigkeit können sich auch die Biotope ungestört entwickeln. Auf den Wiesen und in Feuchtgräben, auf den Kiesinseln und entlang der Ufer werden sich die typischen Pflanzengesellschaften einfinden und ausbreiten.
Verzweigung Mühlkanal
Am Staubauwerk befindet sich die Ausleitungsstelle des Mühlkanals, der die Innenstadt von Bayreuth auf kürzerem Weg durchquert, als der Rote Main. Er wird linksseitig abgeleitet. Früher speiste er elf Wassermühlen in Folge und versorgte Gewerbe und Industrie mit Brauchwasser.
Von den Mühlen ist nur die Lohmühle in der Badstraße noch eindeutig erkennbar. Die Einhaltung der vereinbarten Wasserstände und Entnahmemengen der Mühlen wurde früher streng kontrolliert.
Aktenüberschriften aus dem Archiv der Stadt Bayreuth:
++ Streitsache Papierfabrikant L. mit den Müllermeistern … wegen Wasserabstich aus Mainmühlkanal 1858-1863
++ Haltevorrichtung für Flößholz auf der Herrenwiese 1880-1883
++ Korrektion des Mainaltbaches zwischen Kasernbrücke und Schlachthausbrücke, Erneuerung der Ufermauern zwischen Schul- und Schlachthausbrücke 1883-1896
++ Vertrag über die Einräumung eines Wasserbezugsrechtes aus dem Mainmühlbach an die Mechanische Baumwollenspinnerei und Weberei zum Zwecke der Dampfkondensation und Kesselspeisung 1903
++ Erneuerung der Ufermauern Tellermühle 1928-1930
Bis 2009 diente das 400 m flussabwärts gelegene Flößangerwehr (Brücke Friedrich-Ebert-Sraße) zur Steuerung des Durchflusses bzw. zum Schließen des Kanaleinlaufes bei Bau- oder Reinigungsarbeiten. Mit der Errichtung der Hochwasserschutzanlage ergab sich die Möglichkeit, den dortigen Absturz zu beseitigen und den Roten Main für Fische und andere Gewässerlebewesen durchwanderbar zu gestalten.
Am Steuerungsbauwerk der heutigen Hochwasserschutzanlage wird der ungehinderte, gefällemäßig angepasste Abfluss im Roten Main gewährleistet. Der Einlauf des Mühlkanals wurde bis hierhin verlängert.
Der Wehrabsturz am früheren Flößangerwehr wurde durch eine Sohlrampe ersetzt.
Rückhalteraum Wilhelminenaue
Flussauen haben als Rückhalteraum für Hochwasser und durch stetige Wechselwirkung mit dem Grundwasser große wasserwirtschaftliche Bedeutung. Sie weisen klimatische Besonderheiten wie Nebelbildung oder Kaltluftbewegungen auf. Da zahlreiche Lebensräume zwischen trocken und nass vorhanden sind, ist der Reichtum an Tier- und Pflanzenarten außergewöhnlich hoch.
Weidewirtschaft ist die älteste Nutzungsform unbewaldeter Auen. Auch die gezielte Bewässerung und Entwässerung der Wiesen waren üblich. Fortschreitende Siedlungsentwicklung und Industrialisierung machten trotz des Überschwemmungsrisikos jedoch oft keinen Halt vor den Flussauen.
Hier im stadtnahen Bereich war in den 1930-er Jahren eine Sportstätte von großem Ausmaß geplant. Für die Wassersportarten wurde ein 700 m langes Flussschwimmbad angelegt, dessen Wassertiefe vom zeitgleich gebauten Flößangerwehr gewährleistet wurde.
Die jetzt renaturierte Flussaue wird jedoch nicht nur natürlich überflutet, sondern gezielt eingestaut, um die Innenstadt von Bayreuth vor Hochwasser zu schützen.
Renaturierung der Ölschnitz zum Roten Main bei Altmühle (Gde. Weidenberg)
Noch im Juli 2022 war die Ölschnitz zum Roten Main bei Altmühle (Neunkirchen am Main; Gde. Weidenberg) begradigt, strukturarm und nicht durchgängig für Fische und andere Wasserlebewesen. Nach dem Ende der Wasserkraftnutzung konnte dort wieder ein neuer Lebensraum für Tiere und Pflanzen entstehen. Innerhalb von sieben Wochen wurde im Sommer 2022 das rund 440 Meter lange Teilstück der Ölschnitz wieder in sein ursprüngliches Tal zurückverlegt und auf circa 680 Meter verlängert. Damit wird auch in diesem Bereich wieder mehr Wasser in der Landschaft zurückgehalten und der Wasserhaushalt stabilisiert. Die Bepflanzung entlang der Ufer dient der Beschattung der Gewässer, Sie verhindert, dass sich Flüsse und Bäche im Sommer zu stark aufheizen. Die Maßnahme wurde mit einer Pflanzaktion abgeschlossen.
Renaturierung der Fichtenohe
Am 15. September 2008 fand in Pegnitz der ersten Spatenstich für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Fichtenohe statt. Das Vorhaben wurde in der Zuständigkeit des Bezirkes Oberfranken ausgeführt, die Planung hat das Wasserwirtschaftsamt Hof erstellt.
Auf insgesamt 2,5 km wurde Hochwasserrückhalteraum geschaffen, die Gewässerdurchgängigkeit hergestellt und das Gewässerbett naturnah umgestaltet. Von dem ökologisch verträglichen Hochwasserschutzkonzept profitiert die Stadt Pegnitz. Etwa 5 Hektar Siedlungsfläche, davon 2 Hektar Gewerbegebiet, werden damit besser vor Hochwasser mit hundertjährlicher Wiederkehrswahrscheinlichkeit geschützt. Das Vorhaben begann nordöstlich des Ortsteiles Buchau und endete beim Schwimmbadgelände der Stadt Pegnitz.
Bauliche Maßnahmen
- Reaktivierung von ca. 60.000 m2 Retentionsfläche innerhalb des Überschwemmungsgebietes
- Gewässerverlängerung durch Einbau einer 1.500 m langen naturnahen Gewässerstrecke um ca. 500 m
- Umgestaltung und Einbeziehung des vorher technisch ausgebauten Gerinnes sowie Verzahnung des Gewässers mit der Aue und den umliegenden Flächen
- Schaffung abflusshemmender Strukturen: Mulden, Tümpel und Gewässeraufweitungen
- Gewässerdurchgängigkeit
- Umbau der desolaten Wehranlage beim Schwimmbad zur rauen Steinrampe, die auch die Durchgängigkeit für Fische und kleinere Organismen gewährt
- Auflockerung der Uferlinie durch Leitwerke, Buhnen etc. auf über 450 m Gesamtlänge
- Initialpflanzungen von Gehölzen und Sträuchern im Bereich der Feuchtbiotope und des neuen naturnahen Gewässerlaufes
- Errichtung eines Bau- und Unterhaltungsweges in der Talaue, der auch für Fußgänger und Radfahrer freigegeben wird
Die Gesamtkosten wurden mit 550 Tsd. Euro veranschlagt. Der Bezirk Oberfranken und die Stadt Pegnitz trugen je 20% der Kosten. Die Europäische Union beteiligte sich mit 50% aus dem Förderprogramm ELER und der Freistaat Bayern finanzierte den restlichen Anteil.