Schutz der Flussperlmuschel
In den Gewässern, die Böhmen, Bayern und Sachsen verbinden, haben sich die vom Aussterben bedrohten Flussperlmuscheln (Margaritifera margaritifera) gehalten - derzeit eines der größten Vorkommen in Mitteleuropa.
Die flachwellige Landschaft in einer Höhenlage von 500 bis 700 m über NN ist durch Wald und landwirtschaftliche Nutzung gekennzeichnet. Das Wasser der meist geschwungenen, oft auch mäandrierend laufenden Perlmuschelbäche ist kühl, nährstoff- und kalkarm. Ihre Sedimente sind kiesig-sandig, zum Teil auch schlammig und lehmig.
Seit vielen Jahren bemüht sich das Wasserwirtschaftsamt Hof um die Erhaltung der Flussperlmuscheln. So hat es im Jahr 2002 das „Integrale Gewässerschutzkonzept“ erarbeitet, das das weitere Vorgehen zum Schutz der Flussperlmuschel abstimmt. Dafür arbeiten Behörden der Wasserwirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft, des Naturschutzes und der Fischerei länderübergreifend in Bayern, Sachsen und Tschechien zusammen.
Ziel des integralen Gewässerschutzkonzeptes ist es, zum einen die noch vorhandenen Muschelbestände dauerhaft zu sichern, gleichzeitig aber eine Bestandsverjüngung der überalterten Populationen zu erreichen. Für die winzigen Jungmuscheln, die im Lückensystem (Interstitial) der Gewässersohle aufwachsen, müssen bessere Bedingungen geschaffen werden.
Lebensgrundlage für die Flussperlmuschel sind eine gute Wasserqualität und naturnahe Gewässerstrukturen. Deshalb besteht ein Schwerpunkt des Gewässerschutzkonzeptes darin, Abwasserbelastungen von den Perlmuschelgewässern gänzlich fernzuhalten. Das Land Bayern hat dafür ein Sonderförderprogramm Abwasser aufgelegt, mit dessen Hilfe die Ortschaften Fohrenreuth, Sigmundsgrün, Ludwigsbrunn, Faßmannsreuth, Dobeneck und Neuhausen an zentrale Abwasserbehandlungsanlagen angeschlossen wurden.
Weitere Maßnahmen und Projekte wurden durchgeführt.
INTERREG III A - Programm zum Schutz der Flussperlmuscheln 2004-2009
Im Rahmen des Förderprogramms INTERREG III A der Europäischen Union wurde von 2004 bis 2009 ein Projekt zum Schutz der Flussperlmuscheln umgesetzt. Vorhabensträger war der Bezirk Oberfranken. Die Durchführung der Maßnahmen oblag dem Wasserwirtschaftsamt Hof. Sie waren eng mit einem INTERREG III A- Projekt des Freistaates Sachsen und dem Naturschutzprojekt LIFE-Natur abgestimmt. Das Projekt wurde zu 50% von der Europäischen Union finanziert. Die verbleibenden Kosten übernahmen der Freistaat Bayern, der Bezirk Oberfranken sowie die Stadt Rehau und die Gemeinde Regnitzlosau.
Ziele des INTERREG III A - Projekts
Die Perlmuschelgewässer Zinnbach und Südliche Regnitz weisen noch überwiegend naturnahe Strukturen auf. Ihre auf bayerischer Seite gelegenen Zuflüsse (Gewässer III. Ordnung) dagegen sind stark begradigt, eingetieft und zum Teil verrohrt. Ein Ausufern der Bäche bei Hochwasser und die damit verbundene Reinigungswirkung ist kaum mehr möglich. Im Wasser mitgeführte Feinteile werden nicht mehr in der Fläche zurückgehalten, sondern in die Perlmuschelgewässer weitertransportiert. Dort setzen sie sich ab und verschlammen den Bachgrund.
Mit dem Interreg III A- Projekt war beabsichtigt, durch geeignete Umbaumaßnahmen die seitlichen Zuflüsse wieder zu gewässerökologisch wertvollen Lebensräumen mit guter Selbstreinigungskraft umzugestalten. Auch eine Verstetigung und Sicherung der Wasserführung sollte erreicht werden.
Im Gebiet der Stadt Rehau umfasste das Projekt folgende Gewässer:
- Sigmundsgründer Graben
- Graben zur Timpermühle
- Furthbächlein mit Seitengewässern
Im Gebiet der Gemeinde Regnitzlosau umfasste das Projekt folgende Gewässer:
- Lohbach
- Steinseifelbach
- Seifelbach
Die für die Perlmuschelgewässer erstellten Gewässerpflegepläne bilden dabei die Grundlage für die geplanten Maßnahmen.
Umgesetzte Maßnahmen im INTERREG III A – Projekt
- Erwerb von Uferstreifen an den Seitengewässern als Pufferzonen
- Renaturierung von Seitengewässern
- Herstellung der Gewässerdurchgängigkeit für Wasserorganismen
- Niedrigwasseraufhöhung
Erwerb von Uferstreifen an den Seitengewässern als Pufferzonen
Wo es gelang, Flächen zu erwerben, wurden Schutzstreifen mit einer eingeschränkten Bewirtschaftung ausgewiesen, die den diffusen Eintrag aus der Fläche verringern sollen. Die Uferbereiche bleiben künftig ungenutzt, sodass sich hier Hochstaudenfluren und unterschiedlich stark ausgeprägte Gehölzsäume entwickeln können. Angrenzend an die Uferstreifen wird beidseitig ein breiter Streifen als extensives Grünland genutzt.
Unterstützt mit Fördergeldern der Europäischen Union und mit Mitteln des Freistaats Bayern wurden die Grundstücke gekauft und den beteiligten Gemeinden übereignet.
Renaturierung von Seitengewässern
Um den Eintrag von Feinsedimenten und Nährstoffen aus dem Einzugsgebiet in die Perlmuschelgewässer zu verringern, wurden die begradigten Seitengräben, wo es möglich war, renaturiert. Ihr Lauf wurde verlängert und die Ufer abgeflacht. Bei höherer Wasserführung kann das Wasser nun ausufern und wird vermehrt in der Fläche zurückgehalten. Der Abfluss wird verlangsamt, das Feinsediment wird auf den überspülten Flächen ausgekämmt und abgelagert.
Wo für die Renaturierung keine ausreichenden Flächen zum Verkauf standen, wurden größere Absetzmulden im Gewässer angelegt. Röhrichtwalzen bremsen hier den Abfluss, verlängern die Aufenthaltszeit und ermöglichen so das Absetzen von Feinsedimenten.
Herstellung der Gewässerdurchgängigkeit für Wasserorganismen
Grundsätzlich ist die Herstellung der Gewässerdurchgängigkeit eine wasserwirtschaftliche Aufgabe. Stauanlagen von Triebwerken bzw. Wasserkraftanlagen sind für Wasserorganismen oft nicht überwindbar. Dies wirkt sich negativ auf die biologische Wirksamkeit der Gewässer aus. Die Flussperlmuschel ist außerdem auf gesunde Bestände der Bachforelle angewiesen. Diese muss zum Laichen in die Oberläufe der Gewässer wandern können.
Am Perlmuschelgewässer Südliche Regnitz wurden zwei Maßnahmen zur Herstellung der Gewässerdurchgängigkeit umgesetzt. Eine Wasserkraftanlage wurde nach Ablösung des Triebwerksrechtes außer Betrieb genommen. Das als Betonbauwerk ausgeführte Wehr wurde gänzlich entfernt. Abschließend wurde der Mühlkanal entschlammt.
An einer anderen Wasserkraftanlage wurde mit dem Betreiber ein Mindestwasserabfluss von 20 l/s im Altbett der Südlichen Regnitz vereinbart. Das Wehr wurde dementsprechend umgebaut und ist nun für Fische und andere Wasserorganismen durchwanderbar.
Niedrigwasseraufhöhung
Nach längeren Trockenzeiten in den Sommermonaten leiden die Perlmuschelgewässer unter sehr geringer Wasserführung. Nur noch die tieferen Gewässerabschnitte führen Wasser, flachere Zonen laufen Gefahr trocken zu fallen. Da die Flussperlmuschel nicht in tiefere Bereiche fliehen kann, sind unter solchen Bedingungen ganze Populationen gefährdet.
Im Sommer 2003 musste das Wasserwirtschaftsamt Hof deshalb über mehrere Wochen hinweg Notmaßnahmen ergreifen, um die Muscheln vorm Austrocknen zu bewahren:
mit Hilfe von Steinen und Sandsäcken wurde in den Muschelbereichen Wasser angestaut oder das Gewässerbett eingeengt. Muscheln, die sich in flachen Gewässerabschnitten angesiedelt hatten, wurden in tiefere Zonen umgesetzt.
Zu den Projektmaßnahmen zählten deshalb auch Maßnahmen zur Überbrückung längerer Trockenzeiten. An zwei Perlmuschelgewässern wurden bauliche Anlagen zur zusätzlichen Wassereinleitung errichtet. Dazu wurden Vereinbarungen mit der Gemeinde Regnitzlosau und der Stadt Rehau getroffen, die für befristete Zeiträume Wasser aus gewässernahen Quellfassungen bzw. aus dem Trinkwassernetz zur Verfügung stellen.
Ausblick
Bisher konnte nur ein geringer Teil der geplanten Maßnahmen umgesetzt werden, da nur wenige Grundstückseigentümer zum Flächenverkauf bereit waren. Deshalb will das Wasserwirtschaftsamt Hof die Maßnahmen - in Abhängigkeit von der Finanzierung - fortführen. Es ist zu hoffen, dass die bislang umgesetzten Maßnahmen überzeugend wirken und die Verkaufsbereitschaft steigern. Der Erwerb von Uferstreifen, die Extensivierung erworbener Flächen und Renaturierungen an den Seitengewässern stehen dabei im Vordergrund.
Kofinzierung im Rahmen der "Europäischen Union"
Projekt zur verträglichen Bewirtschaftung von Fischteichen
Zwischen 2018 und 2021 wurde der Einfluss der Teichbewirtschaftung auf unsere Flussperlmuschelgewässer näher untersucht. Ein wichtiges Ergebnis war, dass besonders bei Teichabfischungen hohe Mengen an Schlamm ausgetragen werden, sofern keine wirksamen Vermeidungsmaßnahmen getroffen werden. Dieser Schlamm trägt zur Verstopfung des Lückensystems im Bachgrund bei (Kolmation) und ist eine Ursache für den Rückgang der Bestände. Ähnliche Prozesse finden auch statt, wenn von landwirtschaftlich genutzten Flächen Bodenmaterial über Erosion in die Bäche gelangt. Insbesondere am Höllbach und Mähringsbach muss künftig jeglicher Sedimentaustrag aus den Teichen vermieden werden, da dort einerseits noch die besten Substratbedingungen vorliegen und andererseits kaum landwirtschaftliche Nutzung im Einzugsgebiet erfolgt.
Flussperlmuschelzuchtstation Huschermühle
Um den kontinuierlichen Rückgang der Flussperlmuschelbestände in den Gewässern im Landkreis Hof nachhaltig zu stoppen und der Überalterung der Bestände entgegenzuwirken, wurde 2018 die Flussperlmuschelaufzuchtstation Huschermühle vom Bund Naturschutz – Kreisgruppe Hof in Betrieb genommen. Ziel ist es in den kommenden Jahren zahlreiche Jungmuscheln in die Bäche einzusetzen.
Teiche zur Niedrigwasseraufhöhung
Mehrere Trockenjahre haben dazu geführt, dass Bäche und Flüsse im Einzugsgebiet von Höllbach, Südlicher Regnitz und Zinnbach stellenweise ausgetrocknet waren. Um einen Basisabfluss in Trockenzeiten gewährleisten zu können, wurden seit 2021 ehem als Fischteiche genutzte Anlagen vom Freistaat Bayern erworben, saniert und zu Niedrigwasserspeichern umgebaut. Mit dem gespeicherten Wasser kann nun eine Periode von ca. 6 Wochen absoluter Trockenheit überbrückt werden.