Quecksilbersicherung an Röslau und Kössein
Infolge der Produktion der ehemaligen chemischen Fabrik in Marktredwitz ist über viele Jahrzehnte Quecksilber in die Kössein gelangt. Das Schwermetall hat sich daher im weiteren Verlauf in der gesamten Talaue verbreitet und abgelagert. Bei größeren Abflüssen wird das Quecksilber, das an Feinteilen anhaftet, mobilisiert und gelangt über die Röslau und Eger auch in den benachbarten tschechischen Stausee Skalka bei Eger.
Insbesondere bei Uferanbrüchen besteht die Gefahr einer Verfrachtung. Daher müssen die Ufer hinsichtlich neuer Erosionsstellen überwacht und gesichert werden. Auch die Sanierung potentieller Quecksilber-Eintragsstellen ist eine Daueraufgabe.
Notwendige Maßnahmen werden in enger Abstimmung mit den tschechischen Nachbarn durchgeführt.
Altlast Chemische Fabrik Marktredwitz
Bis 1985 wurden in der Chemischen Fabrik in Marktredwitz quecksilberhaltige Chemikalien und Produkte, unter anderem Saatgutbeizen, hergestellt. Nach dem Verbot von Saatgutbeizen auf Quecksilberbasis in den 1970er Jahren wurden auf dem Fabrikgelände quecksilberhaltige Abfälle eingelagert. Die damit einhergehende Kontamination der Flüsse Kössein und Röslau, deren Überschwemmungsbereiche sowie des auf tschechischer Seite angrenzenden Stausees Skalka hat zu massiven und nachhaltigen Umweltschäden geführt.
Quecksilber gilt als Schwermetall mit starker Akkumulationstendenz. Sowohl durch dauerhaften Kontakt mit der Chemikalie als auch durch den Verzehr von quecksilberbelasteten Organismen kann sich diese im menschlichen Körper anreichern und zu Erkrankungen, zum Beispiel der Minamatakrankheit, führen. Durch mikrobielle Abbauprozesse können quecksilberhaltige Verbindungen über das Plankton ins Nahrungsnetz gelangen und sich durch den Verzehr aquatischer Organismen in dem menschlichen Körper anreichern (Fellenberg 2013).
Aufgrund fehlerhafter und unzureichender Sicherheitsmaßnahmen gelangten sowohl durch die gelagerten Abfälle als auch durch unvollständig geklärte Abwässer quecksilberhaltige Verbindungen im Bereich der Chemischen Fabrik Marktredwitz in die Umwelt (Cfm o.J.). Die auf dem Betriebsgelände unsachgemäß abgelagerten Altlasten führten zu einer Kontamination der Böden in weiten Teilen des Marktredwitzer Stadtgebiets (Pedall et al. 2011). Bis 1939 wurden Betriebsabwässer ungereinigt in die angrenzende Kössein abgegeben. Bis zur Schließung des Betriebs 1985 wurden die behördlich festgelegten Grenzwerte regelmäßig überschritten (Pedall et al. 2011). Die damit einhergehende Kontamination der Flüsse Kössein und Röslau, deren Überschwemmungsbereiche sowie des auf tschechischer Seite angrenzenden Stausees Skalka kann als einer der größten europäischen Umweltskandale jüngerer Zeit gelten (Spiegel 1988).
Die in den 1990er Jahren begonnenen Sanierungsbemühungen dauern bis heute an und lagen 1996 bereits bei 90 Mio. € (Pedall et al. 2011).
Die erfolgten Sanierungsmaßnahmen zeigen eine positive Wirkung: die Fließgewässer weisen heute durchweg niedrigste Belastungen an gelöstem Quecksilber auf (Pedall et al. 2011). Im Zuge von Hochwasserereignissen werden dennoch größere in den Auensedimenten festgelegte Quecksilbermengen durch Ufererosion mobilisiert.
Aus diesem Grund sind weitere Sicherungsarbeiten an den Gewässern notwendig und wichtig.
Deutsch-tschechisches Kooperationsprojekt 2018-2021
Maßnahmen an Kössein und Röslau zur Minderung des Quecksilbereintrages in den Stausee Skalka, CZ
Das Wasserwirtschaftsamt Hof war Leadpartner in einem grenzüberschreitenden Projekt, das zum Großteil aus Mitteln des EFRE-Fonds finanziert wird.
Die Wasserwirtschaftsverwaltungen beider Länder wollten damit die Lösungsmöglichkeiten zur Reduzierung der Verfrachtung von Quecksilber aus einer bereits sanierten Altlast in Bayern in den tschechischen Eger-Stausee Skalka konkretisieren.
Diese Altlast befand sich in Marktredwitz, wo aus der ehemaligen Chemischen Fabrik im Lauf von zwei Jahrhunderten große Mengen von Quecksilber entwichen waren. Über rund 7 Fließkilometer in der Kössein und weitere 13 Fließkilometer in der Röslau gelangte das Quecksilber in die Eger und außerdem bei Hochwasser in die Talauen.
Eine Studie aus dem Jahr 2011 hatte bereits die Schwerpunkte der in den Talauen von Kössein und Röslau noch vorhandenen Quecksilberablagerungen aufgezeigt und zahlreiche Varianten ermittelt, deren Mobilisierung zu verhindern.
Nun wollte die bayerische Seite einen Maßnahmenplan aufstellen, welche der Varianten am effektivsten und wegen zahlreicher Einschränkungen vor Ort überhaupt durchführbar ist.
Die tschechische Seite stellte in einer Risikoanalyse zusammen, welche Auswirkungen das im Stausee Skalka im Sediment abgelagerte Quecksilber auf das Gewässer und seine Nutzungen hat.
Projektaktivitäten 2018
Die Projektkosten wurden zu 85 Prozent von der Europäischen Union gefördert. Bei Gesamtkosten von fast 249.000 Euro entfallen auf den bayerischen Projektanteil rund 180.000 Euro und den tschechischen Projektanteil rund 32.000 Euro Förderung. Die bayerische Wasserwirtschaftsverwaltung entscheidet anhand der Projektergebnisse über Folgemaßnahmen und weitere Investitionen im Gewässerausbau.
Der betreffende Abschnitt der Röslau wurde von einem Fachbüro auf Vorkommen der Bachmuschel (Unio crassus) untersucht. Vorkommen dieser geschützten Tierart würden sich auf die möglichen Maßnahmen auswirken. Die Untersuchung brachte keine Funde zutage, aber verdeutlichte den langfristigen Handlungsbedarf zur Verminderung der Sohl- und Ufererosion.
Projektaktivitäten 2019
Auf tschechischer Seite wurde die Risikoanalyse für den Stausee Skalka erstellt. In Bayern hatte der Abgleich der örtlichen Gegebenheiten mit den aus anderen Projekten vorliegenden Erkenntnissen begonnen. Eine intensive Einbindung der Naturschutzbehörden zur Maßnahmenverifizierung fand statt.
Projektaktivitäten 2020 und 2021
Gemeinsam mit den tschechischen Kolleginnen und Kollegen wurde eine Machbarkeitsstudie in 2020 und 2021 diskutiert und erarbeitet. Diese zeigt den Handlungsbedarf an den Gewässern auf und bewertet verschiedene Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Zielsetzung, einen quecksilberbelasteten Sedimentaustrag zu vermeiden. Gleichzeitig wurden in drei Abschnitten bei Marktredwitz- Brand und Arzberg – Oschwitz an der Kössein und Röslau verschiedene Bauweisen zur Ufersicherung eingebaut. Trotz "harter" Verbaumaßnahmen wurde dabei auf möglichst strukturelle Vielfalt für Pflanzen und Tiere geachtet.
Als Ergebnis aus der Machbarkeitsstudie wurden 2021 verschiedene Sanierungsmaßnahmen an Kössein und Röslau durchgeführt. Gratwanderung hierbei war eine ausreichend feste Ufersicherung herzustellen, um eine Erosion und damit einen Quecksilbereintrag zu verhindern, und gleichzeitig eine vielfältige Gewässerstruktur herzustellen und nicht zu stark ins Gewässer einzugreifen. Die Maßnahmen wurden in enger Abstimmung mit den tschechischen Kollegen umgesetzt und werden seitdem regelmäßig „unter die Lupe“ genommen. Erstmals im Amtsgebiet des Wasserwirtschaftsamtes Hof kam eine sogenannte Krainerwand zum Einsatz. Hier haben unsere erfahrenen Flussmeister mithilfe einer „Naturwand“ aus Holzstämmen und integrierten Weidenruten das Ufer der Röslau (Ortsteil Oschwitz) befestigt. Wenn sich diese Art des Verbaus bewährt, ist geplant dies auch bei weiteren notwendig werdenden Sicherungsmaßnahmen umzusetzen.
Weitere Maßnahmen fanden in der Kössein bei Brand statt. Hier wurde aufgrund der örtlichen Gegebenheiten vorrangig mit Steinsatz gearbeitet.
Sicherungsmaßnahmen seit 2023
Zur weiteren Umsetzung der Ergebnisse der Studie wurde eine tschechisch-deutsche Arbeitsgruppe gegründet, in der die weiteren Sicherungsmaßnahmen regelmäßig abgestimmt werden.
Zunächst wurde ein Uferanbruch bei Wölsau gesichert.
Messungen
Mehrmals im Jahr bringen wir unsere Schwebstoffsammler an verschiedenen Stellen in die Gewässer Röslau und Kössein ein.
Im Inneren der Kästen kann sich Sediment ansammeln. In regelmäßigen Abständen werden sie geleert, gereinigt und anschließend wieder ins Gewässer gehängt.
Nach Aufbereitung der Sedimentprobe wird diese schließlich im Labor auf ihren Quecksilbergehalt hin untersucht.
Ziel ist die Quecksilberbelastung des Sediments an verschiedenen Stellen in den Gewässern über einen längeren Zeitraum hinweg zu dokumentieren.
Außerdem wurde in Schirnding ein automatischer Probenehmer installiert.