Hochwasserschutz in Stadt und Landkreis Hof
Die Sächsische Saale, zweitgrößter Nebenfluss der Elbe, entspringt im Fichtelgebirge im Amtsbereich des Wasserwirtschaftsamtes Hof und fließt bei Blankenstein mit der Mündung der Selbitz nach Thüringen.
Die Hochwasser der beiden Gewässer verursachten im Landkreis Hof umfangreiche Schäden in Siedlungsgebieten und an industriellen Anlagen. Während an der Selbitz in Selbitz und Naila bereits vor mehreren Jahrzehnten Hochwasserschutzmaßnahmen getroffen wurden, waren mehrere an der Saale gelegene Städte, wie Hof, Schwarzenbach und der Markt Oberkotzau seit den 1990er Jahren an Abhilfe interessiert und wandten sich an das Hofer Wasserwirtschaftsamt, um Hochwasserschutzmaßnahmen planen und bauen zu lassen.
Hochwasserschutz der Stadt Hof
In den Saaleauen entstand seit der Industrialisierung immer mehr Bebauung. Größere Hochwasserereignisse haben dabei immer wieder zu Schäden geführt. Besonders betroffen waren dabei die Vorstadt oder der Sand.
In den Saaleauen entstand seit der Industrialisierung immer mehr Bebauung. Größere Hochwasserereignisse haben dabei immer wieder zu Schäden geführt. Besonders betroffen waren dabei die Vorstadt oder der Sand. Die Hochwassergefahr für die Gebäude und Infrastruktur wurde durch den Bau von Hochwasserschutzdeichen und -mauern ab den 1990er-Jahren deutlich verringert. Im Zuge der Landesgartenschau wurde gleichzeitig die Saale als attraktiver Lebensraum für Flora und Fauna umgestaltet.
Hochwasserschutz Schwarzenbach an der Saale
Das Leistungsvermögen der Saale entsprach im Ortskern von Schwarzenbach mit 15 m3/ s etwa einem HQ2. Die Hochwasser der letzten Jahre brachten jedoch höhere Abflüsse mit sich: 1995 im Januar 58 m3/s, 2002 im Februar 60 m3/s und 2003 im Januar 58 m3/s. Im Stadtgebiet hinterließen die Überschwemmungen erhebliche Schäden an Gebäuden und Verkehrswegen sowie Industriebetrieben, die traditionsgemäß an der Saale angesiedelt sind.
Im Jahr 1996 beantragte die Stadt deshalb beim Wasserwirtschaftsamt Hof Schutzmaßnahmen gegen hundertjährliche Hochwasser, deren Abfluss 85 m3/s entspricht. Bei ersten Abstimmungen kam die zeitgleich laufende Überplanung des städtischen Abwassernetzes zur Sprache. Dort erwies sich z. B. die Errichtung von Regenüberlaufbecken wegen des beengten Platzes und des geringen Gefälles als problematisch. Alle Beteiligten vereinbarten eine enge Zusammenarbeit bei der Planung und beim Bau, um die besten Lösungen zu finden und Kosten zu sparen.
Neben dem Hochwasserschutz legte das Wasserwirtschaftsamt in der Planung größten Wert auf die Einbindung der Bauwerke in das Orts- und Landschaftsbild, auf die Erschließung der Flussaue für die Öffentlichkeit und auf die Verbesserung der Gewässerökologie.
Der kaum zugängliche Fluss wurde bis dahin nicht als Bereicherung der Stadt wahrgenommen. In den offenen Planungsprozess wurden seit 1998 die Bürger und Vereine intensiv einbezogen. Ein gegenseitiges Verständnis und Vertrauen bildete sich heraus, so übernahmen z. B. die Anwohner im Sommer die Bewässerung frisch gepflanzter Gehölze.
Technische Ausführung
Innerorts konnte aufgrund beengter Verhältnisse der Hochwasserschutz nur durch Mauern erreicht werden. Alte Ufermauern wurden abgerissen und durch Stahlbetonmauern mit einer Untergrundabdichtung, zum Großteil Stahlspundwände, ersetzt. Die Zugänge zum Gewässer werden im Hochwasserfall mit Dammbalken verschlossen. Die Binnenentwässerung erfolgt über luftseitig an den Mauern angeordnete Dränleitungen. Am Stadtrand und in weniger beengten Bereichen der Innenstadt schließen sich Deiche an die Hochwasserschutzmauern an, die in hochwasserfreiem Gelände enden. Die Maßnahmen zum Hochwasserschutz wurden in sechs Bauabschnitte gegliedert.
Bauabschnitt 1
Hier wurde eine Hochwasserschutzmauer errichtet, die teilweise mit einem Stauraumkanal kombiniert ist. Der von der Stadt Schwarzenbach finanzierte und zum Rückhalt von Abwasser betriebene Kanal dient als Fundament und Untergrundabdichtung auf 150 m Länge. Er ist wie auch die Binnenentwässerung über einen Düker mit dem Pumpwerk verbunden.
Bauabschnitt 2
Als Gemeinschaftsprojekt zur Binnenentwässerung und Entlastung der städtischen Regenrückhalteanlagen im Hochwasserfall wurde ein Pumpwerk errichtet. Die Binnenentwässerung umfasst den Stadtkern von Schwarzenbach und erreicht einen Abfluss bis 2 m3s. Aus dem Abwassernetz kommt ein Abfluss bis 2,1 m3/s hinzu. Im Pumpwerk sind fünf Tauchmotorpumpen mit je 800 l/s Pumpleistung installiert - für oberfränkische Verhältnisse eine gewaltige Anlage. Für Notfallsituationen wurde Platz für zwei weitere Pumpen freigehalten. Die fünf Auslässe des Pumpwerkes sind mit Froschklappen geschützt. Bei gewöhnlicher Wasserführung der Sächsischen Saale entlasten die Binnenentwässerung wie auch die Stauraumkanäle in freier Vorflut.
Bauabschnitt 3
Oberhalb der Straßenbrücke wurden auf beiden Flussseiten Hochwasserschutzmauern und -deiche errichtet. Nach einem Abwägungsprozess in der Stadt Schwarzenbach wurden die ungenutzte Wasserkraftanlage und die desolaten Gebäude auf der Hellersinsel abgerissen. Der als Gewässerbiotop wichtige Mühlgraben wurde teilweise verlegt. Auf der nun freien Mühlgrabentrasse wurden die Hochwasserschutzanlagen errichtet. Ein Teil der Hellersinsel ist öffentlich zugänglich und z. B. für kulturelle Veranstaltungen nutzbar, während der andere Inselteil der natürlichen Entwicklung überlassen bleibt. Da die Hellersinsel nun Überschwemmungsgebiet ist, konnte sogar innerörtlicher Retentionsraum gewonnen werden. In die Baumaßnahmen wurde auch die Neuverlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen unter städtischer Trägerschaft integriert.
Bauabschnitt 4
Hier wurden ein Deich und eine Hochwasserschutzmauer errichtet. Auf einem 120 m langen Abschnitt befindet sich die Mauer auf dem linksufrigen Stauraumkanal. Auch hier wurde die Neuverlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen unter städtischer Trägerschaft integriert.
Bauabschnitt 5
Der innerstädtisch interessante Bereich erhielt eine Hochwasserschutzmauer auf der Trasse der alten Ufermauer. An der Wehranlage wurde ein Gewässerzugang geschaffen, der über einen wasserseitig angelegten Unterhaltungsweg mit der neu gestalteten Furt verbunden ist. Die Straßenoberflächen entlang der Schutzanlagen wurden einem städtebaulichen Konzept entsprechend gestaltet. In die Baumaßnahmen wurde auch die Neuverlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen unter städtischer Trägerschaft integriert.
Bauabschnitt 6
Die Planung sieht aufgrund der beengten Verhältnisse eine durchgehende Hochwasserschutzmauer vor. Am Rathaushof wird sie durch eine Aussichtsplattform belebt. Der Mühlgraben einer aktiven Wasserkraftanlage soll ober- und unterwasserseitig in die Schutzanlagen integriert und mit automatisch schließenden Schützen für den Hochwasserfall versehen werden.
Finanzierung
Das Vorhaben wird vom Freistaat Bayern zusammen mit der Europäischen Union (Förderprogramm EFRE, Ziel 2) finanziert. Die Gesamtkosten der Maßnahme betragen einschließlich Grunderwerb 6,4 Mio Euro. Die Stadt Schwarzenbach beteiligt sich mit 35 % an den Bauvorhaben.
Kofinzierung im Rahmen der "Europäischen Union"
Flusslandschaft und Stadtbild
Zur naturnahen Gestaltung des Flussbettes wurde das mit Granitplatten befestigte Trapezgerinne im Stadtbereich aufgelöst. Die Böschungen der Deiche wurden mit wechselnden Neigungen ausgeführt, deren standortgerechte Ufer- und Vorlandbepflanzung eine wesentliche Erweiterung der aquatischen, amphibischen und terrestrischen Artenvielfalt ermöglichen. Die Gewässerdurchgängigkeit wird durch Umgehungsgerinne bzw. eine Tierwanderhilfe hergestellt. Zur Anpassung an das Ortsbild erhielten die Stahlbetonmauern in öffentlichen Bereichen eine Verblendung aus regionalen Natursteinen. Weniger einsehbare Bereiche wurden sandgestrahlt bzw. steinmetzmäßig bearbeitet. Die Granitplatten der ehemaligen Ufersicherung wurden zum Wegebau verwendet. Zum Gewässerunterhalt angelegte Wege und Zugänge sind mit den städtischen Fußwegen verbunden und von verschiedenen Orten zugänglich.
Die Stadt Schwarzenbach hat entlang der Saale eine weitere Veränderung erlebt. Die Anlieger sanierten und verschönerten ihre Häuser und Gärten in sehr ansprechender Weise.
Erfreulich sind auch kulturelle Initiativen, die den neuen Stadtraum beleben. So überrascht der Kunstverein den Spaziergänger an verschiedenen Stellen mit Zitaten des Dichter Jean Paul. In dessen Werken sind vielfach autobiografische Erlebnisse in Schwarzenbach und anderen Orten entlang der Saale enthalten. Im Rahmen der Schwarzenbacher Initiative "Fisch-flut" hat das Wasserwirtschaftsamt Hof die Patenschaft für das Kunstobjekt "Schutzwal" übernommen, das von den Hochwasserschutzmaßnahmen kündet.
Anlässlich des fertig gestellten fünften Bauabschnittes wurde im März 2006 der „Schutzwal“ feierlich vom bayerischen Umweltminister enthüllt.
Hochwasserschutz Oberkotzau
Schon bei kleineren Hochwasserereignissen verursachte die Sächsischen Saale Überschwemmungen im Ortsbereich von Oberkotzau. Erhebliche Schäden an Gebäuden, Industrie- und Gewerbegebieten sowie Verkehrsbeeinträchtigungen waren die Folgen.
Im Jahr 2000 erfolgte deshalb der Baubeginn für umfangreiche Hochwasserschutzanlagen mit folgender Zielsetzung:
Hochwasserschutz
Wirksamen Hochwasserschutz für rd. 40 ha bebautes Gebiet, davon rd. 25 ha gewerblich genutzte Flächen mit 650 Arbeitsplätzen.
Gewässerökologie
Verbesserung der bislang unbefriedigenden ökologischen Situation der Sächsischen Saale im Planungsgebiet.
Sozialfunktion
Hochwasserschutzmaßnahmen in das Ortsbild integrieren, Sozialfunktion und Erlebbarkeit des Gewässers stärken.
Gemäß dem Bayerischen Landesentwicklungsprogramm wurden die Hochwasserschutzmaßnahmen auf das 100-jährliche Hochwasserereignis (140 m3/s) ausgelegt.
Bauabschnitt 1
Sächsische Saale
Industriegebiet, Länge: 0,8 km
Bauzeit: 2000 - 2001
Bauabschnitt 2
Sächsische Saale
Kerngebiet des Marktes Oberkotzau
Länge: 1,0 km
Bauzeit: 2002 - 2004
Bauabschnitt 3
Schwesnitz, Rückstaubereich
Länge: 0,5 km
Bauzeit: 2005 – 2006
Finanzierung
Die Gesamtkosten für alle drei Bauabschnitte und den Grunderwerb betrugen rund 10,4 Mio Euro. Die Finanzierung wurde neben dem Freistaat Bayern auch vom Markt Oberkotzau und von der Europäischen Union (Förderprogramm EFRE, Ziel 2) getragen.
Die ausgeführten Maßnahmen im Überblick:
- Untergrundabdichtung als Betondichtwand (2,3 km) bis auf Felstiefe (ca. 2 - 5 m), als Schutz vor Unterströmung der Mauern bzw. Deiche zwischen Gewässer und Bebauung
- Hochwasserschutzmauern (1,85 km) und Deiche (0,57 km) entlang der Ufer auf HQ100 Schutzhöhe inkl. Freibord
- Entwässerung des bebauten Gebietes durch luftseitig hinter den Mauern und Deichen verlegte Dränage- und Binnenentwässerungsleitungen
- Abriss und Neubau eines Pegelmesssteges zur ständigen Wasserstandsmessung und Hochwasservorhersage sowie des historischen Badersteges zur Aufweitung der Abflussquerschnitte
- Sechs Pumpwerke mit insgesamt 19 Pumpen und einer Gesamtleistung von 6250 Litern pro Sekunde fördern das anfallende Binnenwasser bei Hochwasser in den Fluss. Die Stromversorgung wird über eine eigene Trafostation mit 800 kVA Trafo sicher gestellt
- Abriss der bestehenden und Neubau einer abflusswirksameren Brücke (Länge 34,25 m) am Schwarzen Weg zur Vermeidung von Rückstau in die Ortschaft. Der Wasserspiegel bei gleichem Abfluss wird somit um 0,4 m gesenkt
- Bau von zwei Tierwanderhilfen jeweils neben den Wehren, um die Durchgängigkeit der Sächsischen Saale bzw. Schwesnitz wiederherzustellen
- Gewässerunterhaltungswege, die auch Fußgängern und Radfahrern einen Zugang zum Gewässer ermöglichen
- Automatisch schließende Schützanlagen zur Absperrung der Mühlgräben im Hochwasserfall
- Zusätzlicher Retentionsraum und Initiierung von Biotopen durch naturnahe Umgestaltung des Gewässers
Hochwasserschutz Fattigau
Ausgangssituation
Die häufig auftretenden Hochwässer in der Sächsischen Saale führen schon bei kleineren Hochwasserereignissen (z.B. HQ1) zu Überschwemmungen im Ortsbereich von Fattigau.
Die Überflutungen verursachen dabei erhebliche Schäden an Wohngebäuden sowie Industrie- und Gewerbeanlagen und führen zu Beeinträchtigungen im innerörtlichen Verkehrsgeschehen.
Vorhabensträger
Vorhabensträger ist der Freistaat Bayern, das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt Hof.
Planung
Wasserwirtschaftsamt Hof
Ziele der Gesamtmaßnahme
Aus der Sicht des Hochwasserschutzes:
Wirksamen Hochwasserschutz für rd. 7,5 ha bebautes Gebiet gewährleisten, davon rd. 1,65 ha gewerblich genutzte Flächen mit 21 Arbeitsplätzen.
Aus der Sicht der Gewässerökologie:
Verbesserung der ökologischen Situation der Sächsischen Saale durch Errichtung einer Tierwanderhilfe und anlegen von Feuchtmulden.
Aus der Sicht der Sozialfunktion:
Hochwasserschutzmaßnahmen in das Ortsbild integrieren. Sozialfunktion und Erlebbarkeit des Gewässers stärken.
Ausbaugrad
Als Planungs- und Bemessungsgrundlage für den Hochwasserschutz wird gemäß des Bayerischen Landesentwicklungsprogramms das 100-jährliche Hochwasserereignis (115 m3/s) zugrunde gelegt.
Vorhaben
Der technische Hochwasserschutz umfasst das Wohngebiet "Am Anger" mit landwirtschaftlichen Betrieben, den Inselbereich am Mühlgraben mit Industriebetrieb der Brauerei Stelzer und den Bereich Parnitzweg mit Wohnbebauung.
Dabei wurden nachfolgend aufgeführte Bauwerke errichtet bzw. in Betrieb genommen.
Die ausgeführten Vorhaben im Einzelnen:
Herstellen einer Untergrundabdichtung als Stahlspundwand bis auf Felstiefe (ca. 2-5 m), als Schutz vor Unterströmung der Mauern zwischen Gewässer und Bebauung.
Errichten von Hochwasserschutzmauern (0,2 km) und Deichen (0,82 km) entlang der Ufer auf HQ100 Schutzhöhe incl. Freibord.
Entwässerung des bebauten Gebietes durch luftseitig hinter den Mauern und Deichen verlegten Dränage- und Binnenentwässerungsleitungen.
Bau von 2 Pumpwerken mit insgesamt 6 Pumpen und einer Gesamtleistung von 1350 Litern pro Sekunde zum abpumpen des anfallenden Binnenwassers bei Hochwasser.
Abriss und Neubau eines abflusswirksameren Straßendurchlasses an der Zufahrtsstraße zum Baugebiet "Am Anger" und Anhebung der Straße um Rückstau in die Ortschaft bzw. ein überfluten der Straße zu verhindern.
Errichtung eines Straßendurchlasses und Anlegen einer Flutmulde im Bereich Parnitzweg um die Parnitz bei Hochwasser gefahrlos in die Sächsische Saale ableiten zu können.
Bau einer Tierwanderhilfe neben dem Wehr, um die Durchgängigkeit der Sächsischen Saale für Fische und Kleinstlebewesen wiederherzustellen.
Anlegen von Gewässerunterhaltungswegen, die gleichzeitig als Zufahrtswege zu den Grundstücken genutzt werden können.
Errichtung automatisch schließender Schützanlagen zur Absperrung des Mühlgrabens im Hochwasserfall. Die Parnitz wird dann abgesperrt und über die Flutmulde gefahrlos in die Sächsische Saale abgeleitet.
Schaffen von zusätzlichem Retensionsraum und Initiierung von Biotopen durch naturnahe Umgestaltung des Gewässers und der Aue.
Gesamtkosten
Die Gesamtkosten für die drei Bauabschnitte der Maßnahme betragen einschl. Grunderwerb ca. 2 Mio. €. Das Projekt wurde durch EU-Mittel aus dem Förderprogramm EFRE, Ziel 2 kofinanziert.